Ab Oktober 2017 führt das Steinbeis-Beratungszentrum Wirtschaftsmediation sowie das STI Akademie für Mediation, Soziales und Recht ein auf zwei Jahre angelegtes Forschungsprojekt âFostering Mediation in cross-border civil and succession mattersâ durch, welches durch die Europäische Kommission kofinanziert wird.
Ziel des Projekts ist grenzüberschreitenden Konflikten in Zivil- und vor allem in Erbsachen vorzubeugen und Grundlagen zu schaffen, diese außergerichtlich beizulegen.
Dazu beitragen soll vor allem die theoretische und empirische Aufarbeitung der Implementierung zweier EU-Gesetzgebungen: der Richtlinie 2008/52/EG über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen (Mediationsrichtlinie) und der Verordnung Nr. 650/2012, die sogenannte Erbrechtsverordnung.
[caption id="attachment_3676" align="alignnone" width="720"] © iriusman || pixelbay[/caption]
In Zeiten zunehmender Mobilität europäischer Bürger, kommt es vermehrt zu Erbfällen mit grenzüberschreitendem Bezug. Beispiele dafür sind der deutsche Rentner, der seinen Lebensabend in Spanien verbringt, oder die Französin, welche Immobilien in ßsterreich besitzt und diese nach ihrem Ableben vererben möchte. Die EU-Erbrechtsverordnung aus dem Jahr 2012 reformiert die rechtlichen Zuständigkeiten folgenschwer. So ist nun einheitlich geregelt, dass immer dasjenige Landesrecht zum Tragen kommt, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Für Deutsche ändert sich damit Grundlegendes: so kommt nicht wie bisher das Recht der eigenen Staatsangehörigkeit zur Anwendung, sondern das Recht des Landes, in dem der Staatsbürger zuletzt seinen Lebensmittelpunkt hatte. Da sich das Erbrecht der europäischen Länder â auch im Hinblick auf Pflichtteilansprüche â zum Teil erheblich voneinander unterscheidet, liegt auf der Hand, dass diese Veränderung zu neuen Rechtsunsicherheiten und Konflikten führen kann.
Hier sollten Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung (Alternative Dispute Resolution) zum Tragen kommen. Eine Mediation welche im besten Falle im Vorfeld eines Todesfalls stattfindet und die möglichen Erben sowie auch den Erblasser zusammenbringt, könnte solchen Konflikten vorbeugen. Auch im Falle einer Erbschaft, bei der die Erben in verschiedenen Ländern wohnen, kann bspw. das Verfahren der Online-Mediation einen entscheidenden Beitrag zur Verständigung zwischen den Erben leisten. Um die Mediation in ganz Europa voranzubringen, verabschiedete die EU im Jahre 2008 die Mediationsrichtlinie.
Das Steinbeis-Beratungszentrum Wirtschaftsmediation und das STI Akademie für Mediation, Soziales und Recht erarbeiten die konkreten Auswirkungen der genannten Richtlinien für die Länder Deutschland und ßsterreich. Die Projektpartner aus Italien (Resolution, Prodos Consulting) erheben die Daten für Italien und Frankreich und Mediatorzy aus Warschau für Polen und Schweden.
Mit Hilfe von Experteninterviews und einer Online-Befragung werden die größten Schwierigkeiten bei internationalen Erbkonflikten evaluiert, um anhand der gesammelten Daten Best-Practice Vorschläge für den Umgang mit diesen Konflikten zu entwickeln. Ab 2018 sind Trainings- und Informationsveranstaltungen in Deutschland, Italien und Polen geplant, um EU-Bürger über die Erbrechtsverordnung und über die Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung aufzuklären. Darüber hinaus soll ein länderübergreifendes Netzwerk für Erbmediation geschaffen werden. Zum Ende des von der Europäischen Union finanzierten Projektes wird 2019 eine Abschlusskonferenz in Leipzig stattfinden.
Ansprechpartner:
Jonathan Barth (M.Sc.) jonathan.barth(at)steinbeis-mediation.com
Judith Pfützenreuter (M.A.) judith.pfuetzenreuter(at)steinbeis-mediation.com